Wer kennt das nicht: Das Unwohlsein, seiner Führungskraft oder einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter etwas Kritisches mitzuteilen und nicht zu wissen, wie die andere Person die Botschaft aufnimmt. Im schlimmsten Fall könnte die Arbeitsbeziehung Schaden nehmen. Das ist üblicherweise in fast jeder Beziehung eine Herausforderung, unabhängig von Nähe und Distanz zu den Adressaten der persönlichen Botschaft. Sensitiv wird es insbesondere dann, wenn es wichtig ist, dass die Arbeitsbeziehung weiterhin stabil funktioniert.
Oft sind Sachzwänge der Anlass für kritische Botschaften. Als Führungskraft gehört es nun einmal dazu, den Rahmen immer wieder zu klären und zu orientieren, geht man davon aus, dass die Führungskraft diese Klärung verantwortungsbewusst und fair vornimmt. So betrachtet trifft die gleiche Verantwortung auch auf die Mitarbeiter:innen zu. In einer Unternehmensrealität allerdings, die von starken Hierarchien dominiert ist, ist dieses Verständnis eher eine theoretische Annahme. Im besten Fall ein Ideal, dem man sich annähert, indem man die bislang vorherrschende top-down Kommunikation mit bottom-up Schleifen ergänzt. Nicht umsonst beschäftigen sich zwischenzeitlich bis zu vier Generationen in Unternehmen mit den Regeln des Feedbacknehmens und -gebens. Und trotzdem: Wir stehen scheinbar immer noch am Anfang. Die Schwierigkeiten beim Adressieren und Annehmen kritischer Botschaften halten sich hartnäckig.
Eine Lösung liegt darin, unter die Lupe zu nehmen, warum wir überhaupt dem anderen etwas Kritisches mitteilen. Hier wird es interessant. Denn nun müsste der Blick frei werden auf ein sehr persönliches Bedürfnis, das einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Unwohlsein hat. Und dieses wollen (und sollen) wir selbstverständlich hinter uns lassen. Hier sitzen Führungskraft und Mitarbeiter:innen im gleichen Boot. Beide sollten also über dieses Bedürfnis nachsinnen, Sachzwänge hin oder her, sich klar werden und ehrlich sich selbst gegenüber sein. So erhalten sie wichtige Informationen für eine gute Lösung, denn es geht für alle darum, sich besser zu fühlen. Sei es nur, um aufeinander abgestimmt besser zusammenzuarbeiten.
Am Rande angemerkt: Das Gute am Unwohlsein ist, dass es uns auffordert, aktiv zu werden. Auch wenn man meisterlich Verdrängen kann: Die Situationen, in denen sich das schlechte Gefühl meldet, werden sich wiederholen. Es wird weiterhin drücken und (davon ist auszugehen) schlimmer werden. Also warum nicht den Stier bei den Hörnern packen und mit überlegtem Handeln wieder Kontrolle übers eigene Erleben erfahren?
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